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Wer sich näher mit Marie Jahoda beschäftigen möchte und sich über das Schicksal der Menschen, um die es in der Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ geht, dem ist ein Besuch im niederösterreichischem Gramatneusiedl dringend empfohlen. Man bekommt so einen Eindruck davon, wie die Menschen damals gelebt haben – und welche Folgen die Katastrophe der Betriebsschließung hatte. Vor allem auf eines hat Marie Jahoda in Vorträgen, Vorlesungen und in den Interviews immer wieder hingewiesen: auf den Stellenwert von ARBEIT, und zwar nicht nur im materiellen, sondern im sozialen Sinn.
Und ganz besonders eindrucksvoll und informativ ist das MUSEUM MARIENTHAL in der Hauptstraße 64 in 2440 Gramatneusiedl (mit Hilfe einer Scheckkarte kann man das Museum täglich von 8 bis 18 Uhr betreten). Unzählige Dokumente über den Ort, das reiche Vereinsleben, die Textilfabrik, unzählige Schautafeln über das Leben in der Arbeiterkolonie Marienthal, die großzügige Infrastruktur (Schule, Krankenhaus, Kindergärten, Theater etc.), die Situation im Nationalsozialismus, Verfall – in jeder Hinsicht – bis zur Revitalisierung und Dokumente aus der Studie machen den Besuch dieses Museums zum wirklichen Erlebnis. Ergänzt auch noch durch Filmdokumente.
Es ist auch interessant nachzuvollziehen, wie es zu diesem Museum gekommen ist. Bereits 1994 gab es einen ersten Versuch, in Marienthal ein Museum zu gründen, der aber 1995 als aussichtlos aufgegeben wurde. Davon unabhängig engagierte sich der Soziologe und Historiker Reinhard Müller (Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich/AGSÖ der Karl-Franzens-Universität Graz), als er ein Projekts zu den „Arbeitslosen von Marienthal“ leitete. Dahinter stand wohl die Hoffnung, den historischen Zusammenhang sichtbar zu machen und zugleich sich für die Revitalisierung der heute denkmalgeschützten Arbeitersiedlung Marienthal einzusetzen.
Wer sich detaillierter über die Geschichte des Ortes und das Schicksal der dort lebenden Menschen (übrigens damals sehr viele Tschechen) informieren möchte, dem sei - am besten vor dem Besuch des Museums - die website der von Reinhard Müller empfohlen - sie enthält nicht nur eine präzise Chronik, sondern Hinweise auf Filmdokumente, wie etwa den vom ORF am 1. Mai 1988 ausgestrahlten Film von Karin Brandauer "Einstweilen wird es Mittag", weitere Forschungen und Publikationen: http://agso.uni-graz.at/marienthal/ empfohlen. Es ist eine Fundgrube nicht nur für Studierende und Forschende, sondern für alle, die sich ganz allgemein über die Wirkung von Arbeitslosigkeit und Armut ein Bild machen wollen!
Aber Gramatneusiedl bzw. Marienthal ist nicht etwa ein Industriedenkmal, sondern heute wieder ein durchaus attraktiver Industriestandort mit Energiebewusstsein: Im Zuge der Revitalisierung wurde eine Niedrigstenergie- und Passivhaus-Wohnhausanlage anstelle des alten Arbeiterwohnhauses eröffnet. Und auch wirtschaftlich scheint man gelernt zu haben, denn die „Para-Chemie“ kann bereits auf über 50 Jahre des Bestands zurückblicken. Heute wird von der »Evonik Para-Chemie GmbH« in Marienthal vor allem gegossenes Acrylglas produziert.
Aber nochmals: Machen Sie einen Ausflug nach Marienthal - es ist ein beeindruckendes Erlebnis!